Mittwoch, 9. Juni 2010

Von Berlin nach Mexiko und zurück - mit der Bahn

Chepe 10

Der Geschichte zweiter Teil:

Ich habe ja vor einer Weile schonmal auf gewisse Gemeinsamkeiten von Berlin und Mexiko hingewiesen. Scheinbar gehen die Ähnlichkeiten aber noch viel weiter.

Erschreckend viel weiter.

Die Zeit hatte im April einen großen Artikel über den Zustand der Berliner S-Bahn, die von der Deutschen Bahn so heruntergewirtschaftet wurde, dass sie in einem schlechteren Zustand ist, als nach Ende des Zweiten Weltkriegs:

"Am 25. April 1945 war die Rote Armee im Begriff, Berlin zu erobern. Die Stadt war eingekesselt, sie wurde von großkalibrigen Geschützen beschossen. In den fünf Jahren zuvor war sie mehr als 300-mal aus der Luft bombardiert worden, manchmal waren bis zu 1200 Flugzeuge gleichzeitig am Himmel. An jenem 25. April waren dennoch von 1118 sogenannten S-Bahn-Viertelzügen – das sind zwei aneinandergekoppelte Wagen – 267 einsatzfähig. Also etwa ein Viertel. Dass der Verkehr trotzdem am selben Tag eingestellt werden musste, lag nicht an den Kriegszerstörungen, sondern am Kohlemangel, es gab keinen Strom mehr.


Im September 2009 fuhren von 630 Viertelzügen noch 163 – 25,87 Prozent. Ohne Beschuss und Rote Armee."

Die Mexikaner hatten scheinbar eine ähnliche Idee. Und sind dabei aber natürlich cleverer. Statt das Material einfach nicht zu warten und gemächlich vor die Hunde gehen zu lassen, bauen die die Schienen einfach ab und verscherbeln den Stahl. Und damit es nicht gleich jeder merkt, nehmen sie erstmal Gleise von stillgelegten Strecken.

Der Spiegel Online schreibt dazu:

"Die Männer sollen in fünf mexikanischen Staaten Gleise aus dem 19. und 20. Jahrhundert abmontiert haben, die bereits außer Betrieb genommen waren. Allein im nördlichen Staat Chihuahua seien auf 385 Kilometern Gleisstrecke Schienen, Bolzen, Nägel und anderes Material entwendet worden."

Wenn die Deutsche Bahn irgendwann doch noch an die Börse geht, dann wird es das in Deutschland ja vielleicht auch geben. Und damit die Bahn an die Börse kann, muss eben die Berliner S-Bahn vergammeln. Und die ICE-Achsen, und ICE-Türen und… - ich glaube ich fange besser erst gar nicht richtig an.

Die Bewertung, ob nun der Diebstahl stillgelegter Gleise oder das mutwillige Sparen an Wartung (und effektiv damit der Fahrgastsicherheit) von mehr krimineller Energie zeugt, die überlasse ich einfach mal der LeserInnenschaft.

Ich bin jedenfalls froh bisher noch nicht aus einem ICE gefallen zu sein. Und mit dem wunderschönen Chepe zwei Mal durch Chihuahua gefahren zu sein, so lange der noch alle Gleiskilometer hat.

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