Mittwoch, 29. Juli 2009

Fernweh...

...kann man sogar bekommen, wenn man an einem der angenehmsten Orte der Welt ist mit wundervollen Menschen. Erstaunlich.

Am Freitag Abend ziehe ich weiter nach San Cristobal de las Casas im Bundesstaat Chiapas. Zapatisten besuchen. Indigene Spezialitäten probieren. Mayatempel und Wasserfälle im Dschungel angucken. Mal wieder in einer Stadt sein. Höhenluft atmen. Kein Meer sehen.

Vorher noch: Mich als der Inspektor aus "Pink Panter" verkleiden und ehrenamtlich zwei Tage als Photograph arbeiten. Sonne tanken. Den Schlaf in meiner Hängematte geniessen. Das erste Mal seit über einem Monat einen Film gucken. Mich von der wunderbaren Piña Palmera verabschieden. Und noch etwas ziemlich verrücktes tun.

Montag, 27. Juli 2009

Narcotráfico

Spiegel Online berichtet mal wieder über den "Drogenkrieg" in Mexiko, bebildert beeindruckend und lässt mit richtigen Fakten den Eindruck entstehen, Mexiko wäre eine einzige Gewalthölle, in der man jeden Moment mit einem plötzlichen Tod rechnen müsste.

Ich stelle fest:
  • Der Kampf zwischen dem Staat und den Drogenkartellen sowie zwischen den Kartellen und immer mehr auch zwischen verschiedenen staatlichen Ebenen nimmt tatsächlich immer mehr zu.
  • In Mexiko wird gefoltert. In Mexiko wird entführt. In Mexiko wird ermordet. In Mexiko werden Drogen geschmuggelt, die dann hauptsächlich in den USA konsumiert werden.
  • Mexiko ist sozial so gespalten, wie kaum ein anderes Land auf der Welt.
  • Man kann in Mexiko immer noch allein mit seinem Rucksack reisen und als grösstes Risiko Diebstahl haben. Der Konflikt um das organisierte Verbrechen ist präsent und vor allem auch aus Menschenrechtsperspektive interessant. Aber persönlich bedroht gefühlt habe ich mich davon nie.

Verrückt

Für alle, die eine Rucksackreise alleine durch Mexiko über etwas mehr als drei Monate für verrückt halten:

The Longest Way 1.0 - one year walk/beard grow time lapse from Christoph Rehage on Vimeo.


Ich bin eigentlich ziemlich langweilig.

Samstag, 25. Juli 2009

Glück

Heute bin ich gut ausgeschlafen in meiner Hängematte zu wunderschöner Musik von Schubert aufgewacht. Dann habe ich in der Bäckerei eines netten italienischen Aussteigers einen richtig guten Espresso und einen Mango-Milch-Liquado getrunken und ein belegtes Giabatta gefrühstückt zu Musik von den Doors. Und irgendwie kriege ich jetzt dieses zufriedene (und vermutlich dämlich aussehende) Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. La vita è bella.

Donnerstag, 23. Juli 2009

Jubiläum

Heute bin ich seit genau einem Jahr in Mexiko. Genauer: Vor genau einem Jahr bin ich in Mexiko angekommen. War ja immerhin auch gut drei Wochen in den USA und drei Wochen in Brasilien. Aber in genau 9 Stunden bin ich seit einem Jahr auf diesem Kontinent. Wow.

Montag, 20. Juli 2009

Buenas ondas

Gute vibes überall - aber überall unterschiedlich:
  • Fast eine Woche war ich im absolut wundervollen Chacahua, das auf einem kleinen Streifen Land umgeben von Lagunen in einem Nationalpark liegt. Entspanntere Schwingungen sind schwer vorstellbar. Zu erreichen ist Chacahua in der Regenzeit nur per Boot über die Lagune, wenn es trocken ist kommt man mit Allradwagen immerhin bis auf die andere Seite der Flussmündung (Fotos folgen wie immer später. Sehr viel später.) Tagsüber wird in Chacahua vor allem eins gemacht: Nichts. Morgens und abends wird gesurft, was dank der freundlichen Hilfe einer Gruppe von Österreicher_innen erstens umsonst und zweitens erfolgreich für mich verlief. Beim Surfen sieht man dann Meeresschildkröten, Stachelrochen, Pelikane, Kormorane und jede Menge Fische. Alles aus etwa 1-3 Metern Entfernung. Abends wird sich dann noch ein Bier (aus der 1,2L-Flasche, aber immerhin nur eins...) gegönnt und dann die halbe Nacht in der Hitze wachgelegen. Lässt sich mehr als aushalten. Ich habe allein in einer cabaña mit grossem Bett und Mosquitonetz und Blick aufs Meer gewohnt - für 80 Peso pro Nacht.
  • Mit den Österreicher_innen ging es dann für das Wochenende nach Puerto Escondido, Mexikos Hotspot für die Surferszene. Alles dreht sich ums Surfen und ums Feiern. Während in Chacahua klar die Natur im Vordergrund steht, kann man in Puerto Shirts mit Umweltthema kaufen. Slogan: "Earth first - protect our surfbreaks!" Die Uferpromenade besteht aus Surfshops, Board-Repair-Stationen, Tattoo-Läden, Bars, Bars, Bars und einer Apotheke die vor allem Mosquitospray, Desinfektionsmittel für Surfverletzungen und Kondome umsetzt. Sehen und gesehen werden ist auf dem Boulevard alles. Gewohnt habe ich mit den erwähnten Dino, Daniel und Chrissi in einem sehr sauberen, sehr schönen Zimmer mit grosser Terrasse, Pool und Blick auf die riesige Welle, die berühmte "Mexican Pipeline".
  • Zipolite ist bekannt als Hippieparadies - und kommt auch so daher. Überall werden Massagen und Aromatherapien angeboten, wer in einer Stunde weniger als vier Mal diverse Substanzen zum rauchen, kauen, schlucken oder schniefen angeboten bekommt muss fürchterlich spiessig aussehen und im Gegensatz zum sonst an vielen Orten doch ziemlich konservativen Mexiko ist Nacktbaden hier völlig in Ordnung und üblich. Ich zelte unter einer Palapa am Strand bei einer kleinen Bar, dem "Iguana Azul", dessen Besitzer als Carlos "Einstein" bekannt ist und sich rühmt die lauteste Anlage des Strands zu besitzen. Damit hört er tagsüber auf voller Lautstärke pompöse Kompositionen von Wagner und nachts ebenso laut Raggae.
Ich bin gespannt, in welche Subkulturen es mich auf dem Weg nach Chiapas und Guatemala noch verschlägt - bisher habe ich mich auf irgendeine Art immer sehr wohl gefühlt (auch wenn Wagner nicht mein Lieblingskomponist ist.).

Samstag, 18. Juli 2009

Central Surf

Ich bin nach einer wundervollen Woche im paradiesischen Chacahua (wo es kein Internet und nur ein Telefon gibt...) nun schon das dritte Mal in Puerto Escondido gelandet. Habe eine nette Gruppe ÖsterreicherInnen kennengelernt, die mir völlig umsonst ein Surfboard zur Verfügung gestellt haben und mir so einiges beigebracht haben. Lockere Truppe, hatte richtig Spass. Jetzt wird das Wochenende in Puerto gefeiert um dann weiterzuziehen nach San José del Pacífico und Zipolite.
Von da aus eventuell auch mal mehr und Fotos. Wenn Cecilia mich ihren Computer benutzen lässt.

Sonntag, 5. Juli 2009

Begegnungen II

Hector, 23, aus Guadalajara, kennengelernt in La Ticla. Hat ein Jahr in Australien Audiotechnik studiert um dort zu surfen. Hat ihm so gut gefallen, dass er das jetzt wirklich studiert. Mit Scheinen, und Pruefungen und so. Surft aber immernoch. Auf dem Rueckweg aus Australien unter anderem auf Bali, in Neuseeland und Indonesien. Hat mit mir im belagerten La Ticla ausgeharrt als der Highway gesperrt war und mich dann mit nach Barra de Nexpa genommen. Hat mich mit Elektrolytloesung versorgt, als Montezumas Rache sich doch noch entschied mich zu holen. Hat ein riesiges Zelt (Hoehe=2m). Leider ohne Plane, was das Teil ind er Regenzeit ziemlich nutzlos macht. Wuerde in mein Zelt leider selbst diagonal nicht ganz hineinpassen, musste deshlab die letzten zwei Naechte bei viel Sturm und Regen im Auto schlafen.

Freitag, 3. Juli 2009

L'État, c'est nous!

Eigentlich sollte hier ein kleiner Ueberblick ueber meine letzten Reisestationen stehen. Darueber, wie ich mich, ganz wie Reinhold Messner fuehlend, auf 4200m Hoehe ganz ganz kurz vor dem Gipfel des Nevado de Colima einem Hagelsturm geschlagen geben musste und nicht nachschauen konnte, ob es ganz oben ein Logbuch gibt. Darueber, wie mich Colima angenehm ueberrascht hat. Wie nett Sayulita und wie uninteressant Puerto Vallarta sind.

Aber manchmal ist eben alles anders.

Zum Beispiel hier in La Ticla im Staat Michoacán. Netter Strand, Wellen zu gross fuer mich zum surfen, aber gibt hier eh keine Boards zum leihen. Gibt eigentlich nicht viel hier: Zwei Restaurants, zwei Internetcafés, zwei kleine Läden, zwei Zeltplaetze. Jeweils einmal geöffnet, einmal geschlossen. Von der Bushaltestelle am Highway laeuft man eine knappe Stunde durch sengende Hitze, mit schwerem Rucksack gar nicht zo angenehm. Gibt keinen Bus fuer den Weg und keine Taxis. Und keinen Verkehr, der einen vielleicht mitnehmen koennte.

Dafuer gibt es einen bewaffneten Nachbarschaftskonflikt. Oder einen Buergerkrieg auf Micro-Niveau. Die Bauern aus dem Nachbarort La Placita (wir reden hier von zwei Gemeinden zwischen 200 und 500 Einwohnern, beide sind indigene Gemeinden und haben damit etwas mehr Autonomie, aber auch keine Polizei, die nicht ausschliesslich aus oertlichen Fischern und Bauern besteht) haben beschlossen, dass ein paar der fruchtbaren Weideländer zwischen den beiden Orten doch eigentlich zu ihnen und nicht zu La Ticla gehoeren sollten. Irgendwer hat aber die Lewute von hier gewarnt, die dann ihr Land verteidigten. Das heisst hier. Ein Mann aus La Placita tot, ein Mann aus La Ticla in den Arm geschossen. Im Moment ist Ruhe, aber es koennte ebensogut die vor dem Sturm sein. Hier in La Ticla sieht man jedenfalls kaum einen Erwachsenen ohne mindestens eine Machete herumlaufen, abends versammelt sich der Ort mit Gewehren und Pistolen auf der plaza principal um Wachen einzuteilen.

Die umliegenden Orte scheinen La Ticla Recht zu geben - immerhin ist das umstrittene Land schon seit Generationen ihres. Das Militaer oder die regulaere Polizei scheinen entweder nichts von der Sache zu wissen, oder -wahrscheinlicher - nichts wissen zu wollen. Was gehen die zwei Indio-Doerfewr an...

Der Highway 200, der die Kueste von Nord nach Sued verbindet, wird nur spaerlich von beiden Seiten fuer Verkehr freigegeben und die bewaffneten Milizen kontrollieren jedes Vehikel. Koennte ja jemand aus dem Nachbarort versteckt sein. Ich jedenfalls fuehle mich erstmals in Mexiko sicherer, wenn ich meine wieder laenger werdende blonde Haarpracht zeige und auch sonst nicht zu sehr versuche wie von hier zu wirken. Man verspricht mir, ich seie hier vollkommen sicher und solle mir keine Sorgen machen. Aber die Ruhe hier wird langsam unheimlich und ich muss den grossen Knall nun irgendwie dann doch nicht aus naechster Naehe miterleben. Schon gar nicht aus einer Entfernung, bei der meine Kamera auch ohne Teleobjektiv noch von Nutzen waere. Morgen geht es also ab ins hoffentlich friedlichere, aber zumindest am Wochenende belebtere Barra de Nexpa. Vorausgesetzt Busse duerfen passieren.

An alle, die jetzt fuerchterliche Angst haben um mich: Ich habe noch nicht einen Schuss gehoehrt, alles hier ist das, was ich von den Einheimischen in La Ticla und Faro de Bucerías erzaehlt bekomme. Koennte also auch alles etwas harmloser sein. Zur Untertreibung neigende Mexikaner_innen kenne ich nicht viele. Nur Waffen habe ich gesehen, und das reicht mir erstmal.


Update:
Immerhin eine (!) Nachricht scheint es darueber im Netz zu geben. Auf Spanisch und scheinbar ausschliesslich aus einer Polizeinotiz gebastelt. Immerhin.